Die NGO-Betreuung

Auf der Konferenz steht Ihnen die ganze Zeit die NGO-Betreuung zur Seite. Sie ist dazu da, Ihnen bei Fragen behilflich zu sein, Sie bei der Ausübung Ihrer Aufgabe zu unterstützen, die Vorbereitung von Aktionen in die Wege zu leiten und um Sie über die organisatorischen Aspekte und den Ablauf der Konferenz zu informieren.

Es werden regelmäßige Treffen mit der NGO-Betreuung stattfinden. Sie sind wichtig, damit Sie immer über alle organisatorischen Aspekte der Konferenz informiert sind. Dort ist dann auch Zeit sich mit den anderen NGOs abzustimmen. Denn einer der Vorteile der NGOs ist, dass sie untereinander vernetzt sind. Sie können sich absprechen und gemeinsame Aktionen planen. Sie können als Gruppe auftreten und sich Unterstützung für schwierige Debatten holen.

NGO-Betreuung MUNBW
NGO-Betreuung MUN-SH

Als NGO auf der Konferenz

Rechte und Pflichten einer NGO

Im Gegensatz zu Länderdelegierten haben Sie die Möglichkeit des Gremienwechsels. Das heißt, Sie sind nicht an ein spezifisches Gremium gebunden, sondern können zwischen Gremien wechseln. So können Sie Ihre Interessen in verschiedenen Gremien Gehör verschaffen und möglichst viele Delegierte von Ihren Vorstellungen überzeugen. Diese Möglichkeit sollten Sie ausgiebig nutzen.

Sie können Redebeiträge halten sowie Fragen und Kurzbemerkungen einbringen. Sie dürfen allerdings keine Gegenrede zu Anträgen halten und vor allem haben Sie kein Stimmrecht und können nicht selbst als Einreicher*in oder Unterstützer*in von Arbeitspapieren oder Änderungsanträgen fungieren. Vergessen Sie aber nicht – Sie können und sollen daran mitwirken.

Weiterhin dürfen Sie nur bestimmte Anträge stellen:

 

  • Persönliche Anträge:
    • Recht auf Information
    • Recht auf Wiederherstellung der Ordnung
  • Anträge an die Geschäftsordnung:
    • Antrag auf mündliche Abstimmung: Eine mündliche Abstimmung kann das Ergebnis einer Abstimmung klarer werden lassen. So können Fehler in der Auszählung verhindert werden. Außerdem gehen möglicherweise einige Delegierte noch einmal in sich und unentschiedene Delegierte ändern eventuell Ihre Meinung.
    • Antrag auf informelle Sitzung: Der Antrag auf informelle Sitzung kann ebenfalls erheblichen Einfluss auf die Debatte nehmen. Sie müssen so nicht warten, bis ein Delegierter diesen Antrag stellt, sondern können selbst die Initiative ergreifen. Es macht auch einen gewissen Eindruck, wenn selbst die NGO-Vertreter im speziellen Fall einen größeren Sinn in einer informellen Sitzung sehen, als in einer offenen Debatte.

 

 

Im Folgenden finden Sie einige Tipps für Ihre Arbeit auf der Konferenz als NGO-Vertreter*in. Vorweg die Anmerkung, dass unterschiedliche NGOs unterschiedlich auftreten und in ihren Arbeitsmethoden unterschiedliche Schwerpunkte setzen. NGOs deren Schwerpunkt auf dem Dokumentieren und dem sachlichen Informieren liegt, treten anders auf als NGOs, die vor allem durch Aufsehen erregende Mittel Kritik ausüben wollen. Suchen Sie sich also die Tipps raus, die zu Ihrer NGO passen.

Aufmerksamkeit erregen

Seien Sie sich bewusst: Sie sind nicht einfach Teil eines Gremiums. Manche Länderdelegierte werden Sie zunächst gar nicht wahrnehmen, da sie erst einmal das eigene Gremium kennen lernen müssen. Als NGO stehen Sie also vor der herausfordernden Aufgabe, auf sich aufmerksam zu machen, um sich Stück für Stück in einem Gremium zu etablieren – und das jedes Mal, wenn Sie ein neues Gremium betreten.

Geben Sie dem Gremium Zeit. Gerade am Anfang der Konferenz müssen die Debatten erst „in Schwung“ kommen und sich an all die Abläufe gewöhnen. Nehmen auch Sie sich Zeit, einen ersten Eindruck zu gewinnen und geben Sie den Länderdelegierten Zeit, dies ihrerseits zu tun. So geben Sie dem Gremium auch die notwendige Zeit, sich an Sie zu gewöhnen. 

Ungünstig wäre es, wenn Sie gleich zu Anfang in einem Gremium, dass noch gar nicht richtig wach ist, eine flammende Rede halten, die jeden zweiten Staat im Gremium angreift. Damit würden Sie Ihr Potential verpulvern. Lassen Sie am besten erst ein paar Länder reden und setzen Sie an einem Punkt in der Debatte ein, wo Sie als NGO schon einen sachlichen Beitrag leisten können. Ein zunächst hochseriöses Auftreten wird Sie später nicht daran hindern, noch einmal auf eine ganz andere Art und Weise Forderungen deutlich zu machen. Natürlich ist es wichtig, sich als NGO immer präsent zu zeigen. Sie sollten sich jedoch nicht unnötig wiederholen und stattdessen versuchen, immer neue Impulse zu bringen.

Reden

Um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen, muss man in manchen Gremien sehr überlegt planen. Sie sollten sich gerade in großen Gremien, wie der Generalversammlung oder dem Wirtschafts- und Sozialrat, frühzeitig (aber eben nicht zu früh) auf die Redeliste setzen lassen. Sie werden aufgrund der langen Listen dann noch genügend Zeit haben, Ihre Rede vorzubereiten. Und wer weiß, vielleicht wollen Sie ja gerade spontan auf eine*n bis dahin gehörte*n Vorredner*in eingehen.

In kleineren Gremien ist diese gute Planung natürlich meistens nicht notwendig. Dort kommen Sie schneller dran und sollten schon eine Vorstellung davon haben, was Sie sagen wollen.

Reden sie aber ruhig auch mal spontan, dafür kürzer. Es muss nicht immer eine vollständig ausformulierte Rede sein. Und sollte ihr Redebeitrag einmal nicht mehr passen oder haben Sie tatsächlich nichts mehr zu sagen, können Sie Ihren Redebeitrag  zurückziehen – in manchen Fällen verweist dies gerade auf diplomatisches Geschick. Zeigen Sie hier also etwas Flexibilität.

Weiterhin werden Sie Gremien zu Gastreden bitten. Auch wenn diese für sie ungünstig kommen mögen, seien Sie sich doch bewusst, dass Gastreden immer eine Möglichkeit sind sich seriös in einem Gremium zu etablieren. Die Gastreden können Sie auch benutzen, um bei überfüllten oder geschlossenen Rednerlisten, doch noch zu Wort zu kommen. Dazu müssen Sie „nur“ einen rhetorisch begabten Delegierten davon überzeugen, dass Sie noch einen ganz wichtigen Beitrag zur Debatte zu leisten haben – möglicherweise wird dieser dann für Sie einen Antrag auf Anhörung eines Gastredners (§ 16 Abs. 19 der Geschäftsordnung) stellen.

Lobbying

Als NGO können Sie an einer Resolution nicht direkt mitschreiben. Dazu müssen Sie unter den Staaten Verbündete finden, die Ihre Interessen in die Resolutionen und Änderungen mit einbringen. Hierzu sind besonders die informellen Sitzungen nützlich. Vielleicht kommen nach einer informierenden oder flammenden Rede Staaten von selbst auf Sie zu und wollen Ihre Vorschläge mit einbringen. Oftmals müssen Sie jedoch die Staaten ansprechen und rausfinden, welche Staaten ihre Linie unterstützen würden. Sie können Staaten, die keinen eigenen Standpunkt vertreten, sich noch nicht einordnen konnten oder schlicht ihren Standpunkt als hoffnungslos ansehen, animieren, sich doch durchzusetzen und eigene (vor allem Ihre) Vorschläge einzubringen.

Sie können in der informellen Sitzung unterschiedliche Mittel einsetzen. So ist Lob einer gelungenen Aussage eines Delegierten immer gut, um andere Differenzen auszublenden und so das Land doch zu einer Zusammenarbeit zu bewegen. Außerdem sind konkrete Vorschläge immer hilfreich. Formulieren Sie ruhig eigene Vorschläge aus und präsentieren Sie diese Staaten, die Ihnen nun positiv zugetan sind.

Trotzdem sollten Sie versuchen, sich Ihre Neutralität zu bewahren. Achten Sie darauf, dass Sie nicht einseitig einer Ländergruppe zuwenden. Sprechen Sie auch die Defizite bei Ihren Unterstützerländern an. Jedoch keinesfalls aggressiv sondern beiläufig. Sie wollen nur die Distanz klar machen und bewahren. Dieses Verhalten lässt Ihnen immer die Möglichkeit bei allen Resolutionsvorschlägen eigene Interessen einzubringen.

Provokante Methoden verwenden

Im Laufe der Sitzungen können Sie von einem großen Vorteil der NGOs Gebrauch machen – nämlich der Unabhängigkeit von Regierungsstandpunkten und Beziehungen zu anderen Staaten. Sie brauchen nicht auf Empfindlichkeiten der einzelnen Staaten Rücksicht zu nehmen und brauchen keine Angst haben, dass einer Ihrer Vorschläge im Gegensatz zur Politik ihrer derzeitigen Regierung steht. Sie müssen sich auch keine Gedanken machen, ob die Resolutionen Sie in irgendeiner Art und Weise besonders verpflichten. Sie sind einzig und allein Ihrem Ziel verpflichtet, die Welt ein Stück besser, grüner oder gerechter zu machen.

Nutzen Sie dafür jede legitime Methode, die Ihnen einfällt. Einige Beispiele können Ihnen einen Einstieg erleichtern. Die hier vorgestellten Methoden dienen vor allem dem Anheizen einer Debatte:

  • Direkt angreifen! Sie können Staaten direkt angreifen und konkret beschuldigen – nutzen Sie dazu alles, was Sie über die Staaten, deren Position im Gremium Sie schwächen wollen, wissen (oder auch mehr).
  • Empören! Wenn Sie die Argumentation eines Vorredners schwächen wollen, können Sie auch einzelne Aussagen in seiner Rede völlig aus dem Zusammenhang reißen und betonen, zu welch absurden Folgen diese für Sie inakzeptable Argumentation führen würde. Dabei ist es besonders effektiv, die Aussage verfälschend zusammenzufassen. Auf die Richtigkeit der Aussage kommt es nicht an – wichtig ist nur, dass Sie vom möglicherweise sinnvollen Kernpunkt, dem Sie nicht zustimmen, ablenken auf ein eigentlich harmloses, aber die Aussagekraft des Vorredners schwächendes Detail.
  • Spotten! Ein drittes provokantes Mittel ist der Einsatz von Ironie und Spott. Ein ernsthafter Vorschlag eines Delegierten lässt sich nur all zu leicht durch ein ironisches Wiederholen als aussichtslos und unüberlegt darstellen.

Mit diesen provokanten Methoden müssen Sie allerdings überlegt umgehen. Die Wirkung kann sich nur entfalten, wenn das Mittel präzise eingesetzt wird und noch einen Überraschungseffekt auslöst. Würde das Gremium ausschließlich solche Aussagen von Ihnen kennen, würde es Sie schnell nicht mehr ernst nehmen.

Mit Fachwissen punkten

Um etwas ernsthaft zu erreichen, sollten Sie jedoch immer auch auf sachliche Methoden zurückgreifen. Hier ist das Informieren eine der wichtigsten. Eine weit gefächerte und genaue Vorbereitung auf die Konferenz ist enorm wichtig. Mithilfe von Zahlen, Daten und Fakten können Sie manche Staaten in eine prekäre Lagen bringen und so effektiv deutlich machen, welch falscher Ansatz in den Vorschlägen einiger Staaten steckt. Sie machen sich zudem unverzichtbar für das Gremium, das vielmals nicht über ihr Fachwissen verfügt – Sie können damit aufklären und informieren. Dadurch lässt sich der Inhalt der Debatte manchmal eine ganz andere – eine Ihrer Meinung nach erstrebenswertere – Richtung leiten.

Um diese Methode immer anwenden zu können, ist es ein hilfreiches Mittel, die Grundsätze, die besonders entscheidend für die jeweilige NGO sind, immer mit sich zu führen. Das kann zum Beispiel bei Human Rights Watch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte sein. Aus diesen kann man dann zitieren und seine Rede darauf aufbauen. Oder man hat einen Jahresbericht von Amnesty International, den Fischer Weltalmanach (Tipp!), die Publikationen der Bundeszentrale für politische Bildung (meist kostengünstig im Internet bestellbar) oder eben die eigenen Faktensammlungen dabei, aus denen man Daten ablesen kann.

Unerwartete Situationen erzeugen

Es kann während der Konferenz vorkommen, dass Sie sich auf ein Thema vorbereitet haben, aber das Gremium vollständig am Thema vorbei redet. Das ist dann für Sie der Zeitpunkt nicht resigniert abzuwarten, sondern durch einen Redebeitrag das Gremium in die richtige Richtung zu lenken und es an ihre eigentliche Aufgabe zu erinnern.

Das Verlassen des Gremiums kann Ihnen dabei auch als eigenes Mittel dienen. Es kann ein Statement sein, wenn Sie in bestimmten Situationen von selbst das Gremium demonstrativ verlassen – am besten in einer Rede angekündigt zum Beispiel mit der Begründung, dass nichtstaatliche Organisationen und somit die Öffentlichkeit und die Gruppe, die Sie vertreten, in diesem Gremium anscheinend keine Anerkennung findet. Wenn Sie dann weg sind, werden sich einige Staaten diesen indirekten Vorwurf gegen Staaten, die die Öffentlichkeit ausschließen wollen, zu Nutze machen und Sie können ganz in Ruhe in einem anderen Gremium, dass Sie noch nicht kennt neue, provozierende oder informative Aspekte einbringen.

Aktionen

Ein besonders spannendes Privileg der NGOs sind Aktionen. Bei den letzten MUNs gehörte es geradezu zur Pflicht der NGOs spektakuläre Aktionen zu planen und durchzuführen.

Aber Achtung, das war zwar immer sehr spannend, kann aber auch Nachteile nach sich ziehen – besonders wenn Sie Aktionen ohne sinnvolle Grundlage, ohne Anhaltspunkt, planen. Die Gremien fühlten sich dann gestört, da die Aktionen keinen Beitrag zu ihren Debatten leisteten. Doch nicht nur für die Gremien ist das eine störende Unterbrechung des produktiven Arbeitstages – auch für NGO-Vertreter, die sich eigentlich in Debatten in  anderen Gremien befanden. Sie mussten erfahren, dass in ihrer Abwesenheit wichtige Beschlüsse gefasst worden, auf die Sie gerne Einfluss genommen hätten.

So ist der Rat an Sie: Konzentrieren Sie sich auf die Gremienarbeit und sollte es einen wirklichen Anhaltspunkt geben, dass eine Aktion etwas bewirken könnte, dann handeln Sie zügig und stellen Sie eine zielgenaue, dann vielleicht kleine, aber gemeinsame Aktion mit allen NGOs auf die Beine. Sollte zum Beispiel die Pressefreiheit durch ein Gremium eingeschränkt werden, dass diese eigentlich stärken sollte und konnten Sie in den Debatten nichts dagegen tun, so ist eine Aktion auf jeden Fall angemessen. Wenn Sie wollen, dass Ihr Engagement auch über die Grenzen des Gremiums hinaus erkannt wird, können Sie auch gerne die Presse über Ihre Aktionen informieren (s. unten zum Thema Pressearbeit).

Um für diese Fälle gewappnet zu sein, ist es natürlich sinnvoll, sich schon im Voraus darüber klar zu werden, was mögliche Materialien wären und sich diese zu beschaffen. Die meisten NGOs schicken auf Nachfrage gerne Pakete mit Flyern, Plakaten oder anderes Informationsmaterial. Außerdem steht es Ihnen natürlich frei, Ausstellungen, zum Beispiel in Form von Plakaten, mit denen Sie auf einen bestimmten unhaltbaren Zustand in der Welt aufmerksam machen wollen, in den Vorräumen der Gremien aufzubauen. Auch werden wir uns bemühen im Vorfeld Materialien Ihrer NGO für die Konferenz bereit zu stellen.

Alle Aktionen jeglicher Art müssen allerdings mit der NGO-Betreuung abgesprochen werden, um die rechtlichen und organisatorischen Fragen zu klären. Sie können sich auch gerne im Voraus der Konferenz an diese wenden.

Pressearbeit

Zur Arbeit einer NGO gehört auch die Zusammenarbeit mit der Presse. Die Presse bietet gerade NGOs eine Plattform – pflegen Sie daher guten Kontakt zu ihren Mitgliedern. Dann haben Sie große Chancen, dass Beiträge von Ihnen in der Zeitung oder sogar in den Nachrichten erscheinen und die Presse Ihre Anliegen sogar deutlich unterstützen. Die Delegierten werden aus einer anderen Richtung noch einmal auf mögliche Probleme aufmerksam gemacht.

Es kann auch gut vorkommen, dass die Presse Sie als Experten zu Rate zieht. Seien sie darauf gefasst und zeigen Sie keine Scheu. Ansonsten trauen Sie sich einfach die Pressemitglieder anzusprechen – sie werden über gute, informative oder spektakuläre Beiträge immer erfreut sein. In Absprache mit dem Presseteam können Sie vielleicht auch einen eigenen Text verfassen.

Fazit

Zum Schluss lässt sich nur noch raten: Kommen Sie aus sich heraus. Trauen Sie sich was! Gerade der Anfang ist schwer – aber das ist er für alle. Auch bei den Ländervertreter*innen finden sich viele neue, noch unerfahrene Teilnehmende. Anfängliche Fehler und Unsicherheiten sind nur natürlich. Gerade dazu ist das Planspiel schließlich da, dass Sie ihr diplomatisches Geschick ausprobieren können. Genießen Sie diese Möglichkeit einfach.

Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich immer offen an die NGO-Betreuung. Haben Sie keine Scheu – jede Frage hat ihre Berechtigung.

Bitte informieren Sie sich auch über den Ablauf einer Sitzung:

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